Dieselskandal Verjährung: Die Fristen im Überblick


Verjährung von Ansprüchen im Dieselskandal gegen den Verkäufer oder Händler

Verjährungsfristen im Dieselskandal hängen entweder davon ab, wann Ihnen der Verkäufer das Fahrzeug übergeben hat oder, zu welchem Zeitpunkt Sie über das Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Ihrem Fahrzeug informiert waren.

Inhalte des Artikels:

Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche ist bei jedem Käufer unterschiedlich:

Die vertraglichen Ansprüche leiten sich aus dem Kaufvertrag ab und richten sich gegen den Kaufvertragspartner, also den Händler bzw. den Verkäufer.
Sofern gegen den Verkäufer vorgegangen werden soll gelten die Fristen des Gewährleistungsrechts (§ 437 Abs. 1 Nr. 3 BGB, z.B. Rücktritt).

Bei Gebrauchtfahrzeugen beträgt diese Frist in der Regel 1 Jahr ab Übergabe/Ablieferung des Fahrzeuges.

Bei Neufahrzeugen beträgt diese Frist in der Regel 2 Jahre ab Übergabe/Ablieferung des Fahrzeuges.

§ 437 BGB
Ist die Sache mangelhaft, kann der Käufer, wenn die Voraussetzungen der folgenden Vorschriften vorliegen und soweit nicht ein anderes bestimmt ist,
1. Nach § 439 Nacherfüllung verlangen
2. Nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 den Kaufpreis mindern und
3. Nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a Schadensersatz oder nach § 284 Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

Beispiel 1
Das Autohaus X hat dem Käufer K das fabrikneue Fahrzeug am 24.07.2017 übergeben. Das Fahrzeug ist, wie sich später herausstellt, von einem Abgasskandal betroffen und deshalb mangelhaft. Diesen Mangel kann der Kunde gegenüber dem Autohaus X noch bis zum 24.07.2019 erfolgreich durchsetzen.
Beispiel 2
Das Autohaus X hat dem Käufer K das gebrauchte Fahrzeug am 24.07.2017 übergeben. Das Fahrzeug ist, wie sich später herausstellt, von einem Abgasskandal betroffen und deshalb mangelhaft. Diesen Mangel kann der K gegenüber X nur noch bis zum 24.07.2018 erfolgreich durchsetzen.

Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen den Hersteller

Gegenüber den Automobilherstellern, die verbotene Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen verbaut haben, gilt die sog. 3-jährige Regelverjährung. Diese Frist knüpft nicht an die Übergabe des Fahrzeugs, sondern an die Kenntnis des Käufers von seinen Ansprüchen an. Für diese Fristberechnung ist nicht von Bedeutung, ob das erworbene Auto gebraucht oder neu war. Für Neu- und Gebrauchtfahrzeuge gilt die 3-jährige Regelverjährung gleichermaßen.

Die Verjährung der Schadenersatzansprüche ist bei Käufern des gleichen Fahrzeugtyps/ Motorentyps in der Regel identisch:

Dieselskandal Verjährung bei Volkswagen

Beispiel 1: Volkswagen Golf – gekauft 12.05.2013:
Käufer K hat am 12.05.2013 einen (neuen oder gebrachten) Volkswagen Golf gekauft, in welchem der Motortyp EA 189 verbaut wurde. Im September 2015 gibt die Volkswagen AG öffentlich bekannt, dass in dem Motor des Typs EA 189 eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet wird, also „manipuliert“ wurde. Informiert wird der Käufer über die Betroffenheit seines Fahrzeugs aber erst im Laufe des Jahres 2016. Er hat also ab diesem Zeitpunkt Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2017 zu laufen an, und endet mit Ablauf des 31.12.2019.
Beispiel 2: Volkswagen Touareg – gekauft 12.05.2017:
Käufer K hat am 12.05.2017 einen (neuen oder gebrauchten) Volkswagen Touareg mit einem 3.0 I, V-6-Dieselmotor, EURO 6, gekauft, in welchem ein Motor verbaut wurde, den die Audi AG an die VW AG geliefert hat. Im Dezember 2017 geben die Volkswagen AG und die Audi AG öffentlich bekannt, dass in dem Touareg-Motor eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet wird, also „manipuliert“ wurde. Der Käufer K erfährt hiervon im Dezember 2017 in der Tagesschau. Er hat also ab diesem Zeitpunkt Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2018 zu laufen an, und endet mit Ablauf des 31.12.2020.

Weiterführende Informationen zum VW Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite

Dieselskandal Verjährung bei Porsche

Beispiel 1: Porsche Cayenne Diesel – gekauft am 24.04.2016
Käufer K hat am 24.04.2016 einen (neuen oder gebrauchten) Porsche Cayenne Diesel, 3.0 I, V-6-Diesel, Euro 6, gekauft. Im Jahre 2017 wird er vom Hersteller davon in Kenntnis gesetzt, dass in diesem Motortyp eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet wird. Er hat zu diesem Zeitpunkt also Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2018 zu laufen an, und endet mit Ablauf des 31.12.2020.
Beispiel 2: Porsche Macan Diesel – gekauft am 24.04.2016
Käufer K hat am 24.04.2016 einen (neuen oder gebrauchten) Porsche Macan S Diesel, 3.0 I, V-6-Diesel, Euro 6, gekauft. Im Jahre 2018 liest er im Internet, dass sein Auto (erneut) wegen Abgasproblemen und einer verbotene Abschalteinrichtung zurückgerufen werden soll. Er hat zu diesem Zeitpunkt also Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2019 zu laufen und endet mit Ablauf des Jahres 2021.

Weiterführende Informationen zum Porsche Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite

Dieselskandal Verjährung bei Audi

Beispiel: Audi Q5 – gekauft 23.05.2016:
Käufer K hat am 23.05.2016 einen (neuen oder gebrauchten) Audi Q 5 mit einem 3.0 I, V-6-Dieselmotor, EURO 6, gekauft. Anfang Januar 2018 liest der Käufer K in der Zeitung, dass in diesem Motortyp eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet wird. Er hat zu diesem Zeitpunkt also Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2019 zu laufen, und endet mit Ablauf des 31.12.2021.

Weiterführende Informationen zum Audi Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite

Dieselskandal Verjährung bei BMW

Beispiel: BMW 7er – gekauft am 24.04.2016:
Käufer K hat am 24.04.2016 einen (neuen oder gebrauchten) BMW 750 3.0 I Diesel Euro 6 gekauft. Im April 2018 liest der Käufer K im Internet, dass in diesem Motortyp eine verbotene Abschalteinrichtung verwendet wird. Er hat zu diesem Zeitpunkt also Kenntnis. Die Frist beginnt im Folgejahr, am 01.01.2019 zu laufen an, und endet mit Ablauf des 31.12.2021.

Weiterführende Informationen zum BMW Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite

Dieselskandal Verjährung bei Mercedes

Bei der Daimler AG gilt die Besonderheit, dass der Hersteller oftmals zugleich der Verkäufer war. Denn die Daimler-Niederlassungen haben bei Kaufvertragsabschluss in der Regel nur in Vertretung für die Daimler AG gehandelt. Insofern haben Daimler-Dieselkunden meistens nur einen Anspruchsgegner.

Zudem hat die Daimler AG bisher – offiziell – die Verwendung von verbotenen Abschalteinrichtungen nicht zugegeben. Allerdings entscheiden immer mehr Gerichte verbraucherfreundlich und verurteilen Daimler zu Schadensersatz. 2018 gab es einen ersten großen Rückruf für 280.000 Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 6b. Bereits Ende 2018 gab das Kraftfahrt-Bundesamt für erste Modelle das notwendige Software-Update frei. Für diese endet die Verjährung also bereits zum 31.12.2021. Betroffen sind hiervon die Modelle GLC, V-Klasse, Vito, Vito Tourer und Marco Polo. Die Rückrufe für andere Modelle folgten erst später, so dass sich hier auch die Verjährung entsprechend nach hinten verschiebt.

Weiterführende Informationen zum Mercedes Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite

Sammelklage hemmt Verjährung

Die Teilnahme an einer Musterfeststellungsklage (oft fälschlicherweise als Sammelklage bezeichnet) hemmt dabei die Verjährung. Auch, wenn das Verfahren sich über fünf Jahre erstreckt, ist die Verjährung nicht eingetreten, wenn man rechtzeitig vor Ablauf der drei Jahre in die Klagegemeinschaft eingetreten ist.

Verjährung im Dieselskandal – allgemein

Zusätzlich zu den oben genannten Verjährungsformen gibt es auch eine absolute Verjährungsfrist. Diese beträgt genau zehn Jahre und beginnt am Tag der Übergabe. Sie ist dabei unabhängig davon, ob der Autokäufer Kenntnis von der unzulässigen Abschalteinrichtung hat oder nicht. Spätestens zehn Jahre nach der Übergabe kann Schadensersatz nicht mehr geltend gemacht werden – selbst wenn dann erst feststeht, dass sich im Auto eine unzulässige Abschalteinrichtung befindet. Besonders ärgerlich ist dies zum Beispiel im Dieselskandal für Verbraucher, die einen Audi mit der Abgasnorm Euro 4 fahren, in dem nun ebenfalls eine unzulässige Abschalteinrichtung gefunden wurde. Betroffen sind dabei Fahrzeuge aus den Jahren 2003 bis 2010. Für viele ist die Verjährung also bereits eingetreten, den restlichen Haltern bleibt nur wenig Zeit zu reagieren. Das Kraftfahrt-Bundesamt vermutete bereits im Dezember 2015 eine unzulässige Abschalteinrichtung in den betroffenen Audi Modellen. Im Mai 2017 gab es schließlich ein Gutachten in Auftrag. Im Juli 2018 heißt es in dann in einem internen Vermerkt: „Die Akustikfunktion wird als unzulässige Abschalteinrichtung eingestuft“. Doch erst im November 2019 macht das KBA öffentlich, dass es einen Pflichtrückruf für die betroffenen Diesel gibt. So wurde der Rückruf über Jahre verschleppt, wodurch bei zahlreichen Fahrern die zehnjährige Verjährung eingesetzt hat.