Musterfeststellungsklage EA288 bei VW – kommt die Sammelklage?

Das erste Musterfeststellungsverfahren gegen VW ist mit einem Vergleich abgeschlossen worden. Doch die Frage nach einer neuen Musterfeststellungsklage gegen VW zum Motor EA288 steht im Raum. Denn auch bei diesem Motor hat VW geschummelt und erste Gerichte sprechen betroffenen Verbrauchern Schadensersatz zu. Insofern könnte eine Musterfeststellungsklage zum VW EA288 Motor in Zukunft Realität werden.

Wie würde eine Musterfeststellungsklage wegen dem EA288 von VW ablaufen?

Bei einer Musterfeststellungsklage kann ein Gericht, wie der Name schon sagt, eine Feststellung machen. In diesem Fall wäre das, ob VW beim EA288 manipuliert hat und deshalb schadensersatzpflichtig ist. Was eine solche Musterfeststellungsklage nicht kann ist, die individuelle Höhe des Schadensersatzes festzulegen. Hierfür müssen die Teilnehmer der Klage nach der Feststellung noch eine Leistungsklage anstrengen. Dies ist auch der Grund dafür, warum sich ein solches Verfahren sehr lange hinziehen kann. Angenommen, das Gericht (im Falle von VW das Oberlandesgericht Braunschweig) stellt die Schuld von VW fest. Das Unternehmen geht in Berufung und der Bundesgerichtshof muss entscheiden. Dieser bestätigt die Entscheidung. Dann folgen die Einzelklagen zur Festlegung der Schadensersatzhöhe eines jeden Einzelnen. Bis dies alles erfolgt ist, sind Jahre vergangen. Das ist nicht nur generell ärgerlich, sondern beeinfluss auch ganz direkt die Höhe der Rückzahlung, die erfolgreiche Kläger erwarten können. Denn viele Gerichte (darunter auch der BGH in einem aktuellen Fall) entscheiden bei Schadensersatz, dass sich die erfolgreichen Kläger eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen. Diese beruht auf der Anzahl der Kilometer, die mit dem betroffenen Wagen gefahren worden sind. Fahren Sie den VW also während dieses Verfahrens weiter steigt die Nutzungsentschädigung. Sie fahren Ihre Ansprüche im wahrsten Sinne des Wortes ab.

Alternativ kann ein solches Musterfeststellungsverfahren auch mit einem Vergleich enden. So geschehen beim Präzedenzfall – der Klage bezüglich des manipulierten EA189 von VW.

Vorteile

  • Die Verjährung wird gehemmt
  • Es entstehen keinerlei Kosten
  • Ein positives Urteil erleichtert die anschließende Durchsetzung der individuellen Ansprüche

Nachteile

  • Ansprüche können verfahren werden
  • Mitgehangen, mitgefangen. Keine individuelle Vergleichslösung möglich
  • Rückzahlung dürfte klar niedriger sein, als bei einer Einzelklage möglich
Der Präzedenzfall: Die Musterfeststellungsklage wegen dem VW Motor EA189
Am 01. November 2018 reichte der Verbraucherzentrale Bundesverband eine Musterfeststellungsklage gegen VW vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ein. Über 400.000 Verbraucher hatten sich angeschlossen und wollten vom Gericht feststellen lassen, ob VW aufgrund der Manipulation am Motor EA189 schadensersatzpflichtig sei. Am 30. September 2019 schließlich begann das Verfahren und endete fünf Monate später mit einem Vergleich. VW wollte es wohl nicht darauf ankommen lassen, ein Urteil zu bekommen, das womöglich verbraucherfreundlich ausgefallen und daher für VW sehr teuer gewesen wäre. Stattdessen bot der Konzern etwa 260.000 Klägern einen Vergleich an, den ein Großteil davon annahm. Gut 170.000 Teilnehmer erhielten jedoch gar kein Angebot und gehen komplett leer aus. Sie können ihre Ansprüche nun im Rahmen einer Einzelklage weiter verfolgen. Ebenso wie die Kläger, die ein Angebot erhalten, dieses aber abgelehnt haben. VW bot den Klägern zwischen 1.350 und 6.250 Euro, im Schnitt etwa 15% des Kaufpreises der betroffenen Fahrzeuge. Das war einigen nicht genug.

Für welche Modelle könnte eine EA288 Musterfeststellungsklage gelten?

Der EA288 ist in zahlreichen Modellen nicht nur von VW, sondern auch von SEAT, Skoda und sogar von Audi verbaut. Die Halter all dieser Fahrzeuge könnten sich an einer möglichen zukünftigen Musterfeststellungsklage gegen VW beteiligen. Das betrifft bei Audi unter anderem die Modelle A1 bis A4, bei SEAT den Leon oder den Alhambra, bei Skoda den Octavia und bei VW beispielsweise den Golf, den Touran oder den Passat.

Wie das Beispiel der ersten Musterfeststellungsklage gegen VW gezeigt hat, kann bei einem Vergleich ein großer Teil der Teilnehmer von einem Angebot ausgeschlossen werden. Das kann beispielsweise daran liegen, dass das Fahrzeug zu spät erworben wurde, als schon klar war, dass auch der Motor EA288 manipuliert ist oder dass die Käufer beim Erwerb im Ausland wohnten.

Wann eine solche Musterfeststellungsklage zum EA288 eingereicht wird, ist unklar. Sie könnte wie die erste mit einem Vergleich enden oder VW lässt es darauf ankommen und das Verfahren geht bis zum Bundesgerichtshof – der erst im Mai 2020 im Falle des EA189 in einer Einzelklage gegen VW entschieden hat.

VW Modelle die den EA288 nutzen und Teil einer möglichen Musterfeststellungsklage sein könnten:

  • Golf VII (1.6 und 2.0 Liter)
  • Golf Sportsvan (1.6 und 2.0 Liter)
  • Jetta VI (1.6 und 2.0 Liter)
  • Touran II (1.6 und 2.0 Liter)
  • T-Roc (1.6 und 2.0 Liter)
  • Passat B8 (1.6 und 2.0 Liter)
  • Polo VI (1.6 Liter)
  • Beetle (2.0 Liter)
  • Tiguan (2.0 Liter)
  • Tiguan II (2.0 Liter)
  • Sharan II (2.0 Liter)
  • CC (2.0 Liter)
  • Scirocco III (2.0 Liter)
  • Arteon (2.0 Liter)

Ausführliche Informationen zum EA288 Abgasskandal finden Sie auf unserer Kanzlei Webseite.