Spätestens seit den Vergleichsverhandlungen zwischen VW und den Klägeranwälten ist die Musterfeststellungsklage in aller Munde. Auch eine Musterfeststellungsklage gegen Opel ist in Zukunft möglich. Doch für wen lohnt sich die Teilnahme und wer sollte seine Ansprüche lieber per Einzelklage durchsetzen?
Sammelklage oder Musterfeststellungsklage gegen Opel?
Eine Sammelklage gegen Opel ist in Deutschland tatsächlich nicht möglich. Einfach, weil dieses juristische Instrument hier gar nicht existiert. In den USA zum Beispiel sind Sammelklagen dagegen sehr beliebt. In Deutschland wurde zum 01. November 2018 eine Alternative eingeführt – die Musterfeststellungsklage. Dabei handelt es sich jedoch um ein gänzlich anderes juristisches Instrument. Wie der Name schon sagt, kann ein Gericht bei einer möglichen Musterfeststellungsklage gegen Opel nur feststellen, ob der Hersteller im Abgasskandal schadensersatzpflichtig ist. Ein individueller Schadensersatz wird dabei nicht festgelegt.
Sollte in einem solchen Verfahren am Ende das Urteil stehen, dass Opel schadensersatzpflichtig ist, müssen die betroffenen Kläger im Anschluss noch mit einer Leistungsklage ihren individuellen Betrag einfordern. Dem sollte dann zwar nichts entgegenstehen, da das Gericht an die Entscheidung aus dem Musterfeststellungsverfahren gebunden ist, dennoch verlängert die zusätzliche Klage das Verfahren weiter. Da im Fall einer verbraucherfreundlichen Entscheidung mit einer Berufung von Seiten Opels zur rechnen ist, kann es Jahre dauern, bis ein solches Musterfeststellungsverfahren letztendlich vor dem Bundesgerichtshof entschieden wird.
In jedem Fall wird die Verjährung durch die Teilnahme an einer Musterfeststellungsklage gegen Opel gehemmt. Dies ist einer der Vorteile einer Teilnahme an einer Musterfeststellungsklage.
So lief die Musterfeststellungsklage gegen VW
Direkt am ersten möglichen Tag, dem 01. November 2018, reichte der Verbraucherzentrale Bundesverband die erste Musterfeststellungsklage in Deutschland ein. Die Klage richtete sich gegen VW. Das Oberlandesgericht Braunschweig sollte herausfinden, ob VW im Dieselskandal grundsätzlich schadensersatzpflichtig ist. Das Verfahren endete nach 4 Monaten mit einem Vergleich. Von den knapp 430.000 Klägern erhielten etwa 235.000 ein Vergleichsangebot von VW. Dieses lag je nach Modelle und Alter des Fahrzeugs bei 1.350 bis 6.250 Euro. Wobei die Mehrzahl der Kläger ein Angebot aus dem unteren Bereich erhielt. Das machte im Durchschnitt 15% des Kaufpreises aus.
Die Kläger, die gar nicht erst ein Angebot erhielten oder dieses ablehnten, können nun noch im Rahmen einer Einzelklage ihre Ansprüche durchsetzen – aufgrund der Hemmung der Verjährung ist dies noch möglich, obwohl diese bei den betroffenen Fahrzeugen Ende 2019 eingetreten ist.
Vorteile
- Die Verjährung wird gehemmt
- Es entstehen keinerlei Kosten
- Ein positives Urteil erleichtert die anschließende Durchsetzung der individuellen Ansprüche
Nachteile
- Ansprüche können verfahren werden
- Mitgehangen, mitgefangen. Keine individuelle Vergleichslösung möglich
- Rückzahlung dürfte klar niedriger sein, als bei einer Einzelklage möglich
Fazit: Musterfeststellungsklage gegen Opel
Eine mögliche Musterfeststellungsklage gegen Opel ist ein geeignetes Instrument für betroffene Verbraucher, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen. Denn mit einer Musterfeststellungsklage können sie ohne Kostenrisiko feststellen lassen, ob ein Schadensersatzanspruch überhaupt besteht. Anschließend können Sie ihren individuellen Schadensersatz durchsetzen. Sie müssen allerdings damit rechnen, dass sie sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen, die je nach Fahrleistung und Dauer des Verfahrens hoch ausfallen kann. Sollte ein solches Verfahren in einem Vergleich enden, werden die angebotenen Vergleichszahlungen vermutlich eher niedrig ausfallen.
Betroffene Verbraucher, die über eine eintrittspflichtige Rechtsschutzversicherung verfügen, können die Durchsetzung ihrer Ansprüche im Rahmen einer Einzelklage anstreben. Hier ist schneller mit einem Ergebnis zu rechnen. Wie bisherige Urteile im Abgasskandal zeigen, können je nachdem, ob eine Nutzungsentschädigung abgezogen wird und/oder Deliktszinsen zugesprochen werden, bis zu 100% des Kaufpreises erstattet werden.