Tausende Autofahrer fühlen sich von BMW getäuscht und verlangen im Abgasskandal Schadensersatz. Bisher ist dies nur auf dem Weg der Einzelklage möglich. Doch wie die VW Musterfeststellungsklage gezeigt hat, ist grundsätzlich auch der Weg in der Gemeinschaft möglich. Wann gibt es eine BMW Musterfeststellungsklage und lohnt sich die Teilnahme?
BMW: Sammelklage oder Musterfeststellungsklage?
Eine Sammelklage ist im deutschen Gesetz nicht vorgesehen. In den USA zum Beispiel ist diese Art der Klage jedoch sehr beliebt und als class action suit bekannt. So läuft dort auch bereits eine Sammelklage gegen BMW.
In Deutschland ist seit Ende 2018 eine Alternative möglich – die Musterfeststellungsklage. Dabei handelt es sich jedoch um ein komplett anderes Verfahren, das mit einer Sammelklage nicht verwechselt werden darf. Dennoch wird in Deutschland im Rahmen der Musterfeststellungsklage auch gerne der Begriff Sammelklage verwendet.
Es handelt sich natürlich um eine Ansammlung von Menschen, doch hier hören die Gemeinsamkeiten mit einer klassischen amerikanischen Sammelklage auch schon auf.
Denn am Ende eines Musterfeststellungsverfahrens steht, wie der Name schon andeutet, eine Feststellung. Im Falle einer BMW Musterfeststellungsklage würde das Gericht also feststellen, ob den Teilnehmern der Klage prinzipiell Schadensersatz zusteht, also ob BMW sie betrogen hat und deshalb Schadensersatz zahlen muss. Am Ende des Verfahrens steht aber keineswegs fest, wer wie viel bekommt. Alle Kläger müssen anschließend nämlich noch in einem individuellen verfahren den ihnen zustehenden Schadensersatz einklagen. Die Chancen stehen dann zwar sehr gut, weil die Gerichte an die Feststellung gebunden sind.
Probleme der Musterfeststellungsklage
Doch auf der anderen Seite könnte sich an ein verbraucherfreundliches Urteil eine Berufung von Seiten BMWs anschließen. Das heißt, das Verfahren ginge zunächst an die nächsthöhere Instanz. Und erst ganz am Ende des Musterfeststellungsverfahrens folgt dann die Leistungsklage, mit der jeder betroffene Kläger seinen individuellen Anspruch zugesprochen bekommt.
Das größte Problem dabei (abgesehen davon, dass Kläger grundsätzlich sehr lange warten müssen), ist die Nutzungsentschädigung, die sie sich höchstwahrscheinlich von einem Schadensersatzanspruch abziehen lassen müssen. Und diese erhöht sich mit jedem gefahrenen Kilometer mehr. Je länger das Verfahren also dauert, desto geringer werden die Ansprüche am Ende sein. Da mehrere Jahre vergehen können, bis ein Schadensersatz individuell festgestellt wird, kann es passieren, dass aufgrund der Nutzungsentschädigung kaum noch etwas übrig bleibt.
Das Beispiel der VW Musterfeststellungsklage
Am 01. November 2018, dem Tag, an dem die Musterfeststellungsklage in Deutschland überhaupt möglich wurde, hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband die erste Klage dieser Art vor dem Oberlandesgericht Braunschweig eingereicht. Statt mit einem Urteil endete dieses Verfahren am 28. Februar 2020 mit einem Vergleich.
Ob dieser allerdings für alle Teilnehmer zufriedenstellend ist, ist fraglich. Je nach Modell und Alter des Fahrzeugs, bietet VW den Klägern Beträge zwischen 1.350 und 6.250 Euro an. Im Schnitt entspricht dies etwa 15% des jeweiligen Kaufpreises.
Insgesamt hatten sich 430.000 Kläger an der Musterfeststellungsklage beteiligt. 168.000 davon erhielten von VW überhaupt kein Vergleichsangebot und gingen somit komplett leer aus. 27.000 lehnten das Angebot ab. All diese Verbraucher haben deshalb nun die Möglichkeit, im Rahmen einer Einzelklage ihre Ansprüche geltend zu machen. Diejenigen, die das Vergleichsangebot angenommen haben, haben diese Möglichkeit nicht mehr.
Der BMW Abgasskandal wurde erst ab 2018 bekannt, somit endet die Verjährungsfrist hier voraussichtlich erst zum 31. Dezember 2021. Betroffene Fahrer haben also noch etwas Zeit.
Fazit zur BMW Musterfeststellungsklage
Wann eine BMW Musterfeststellungsklage kommen wird, ist noch unklar. Klar ist aber, dass bereits jetzt in Rahmen einer Einzelklage erfolgreich gegen BMW vorgegangen werden kann. Das Landgericht Düsseldorf hat dies mit seinem Urteil aus dem April 2020 klar gemacht. BMW hat wie zuvor auch schon VW oder Daimler seine Kunden vorsätzlich sittenwidrig gemäß § 826 BGB geschädigt und muss deshalb Schadensersatz zahlen.
Eine Musterfeststellungsklage lohnt sich in erster Linie für all diejenigen, die über keine Rechtsschutzversicherung verfügen und die damit keinerlei finanzielles Risiko eingehen möchten. Dafür aber in Kauf nehmen, dass die Schadensersatzsumme relativ gering ausfallen könnte.
Für alle mit Rechtsschutzversicherung lohnt sich in der Regel die Einzelklage gegen BMW. Hier kommen Sie schneller zu Ihrem Recht und können bis zu 100% des Kaufpreises erstattet bekommen. Natürlich ist es auch hier möglich, dass Sie sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen müssen. Auf der anderen besteht die Chance, dass Sie Deliktszinsen zugesprochen bekommen.
Vorteile
- Die Verjährung wird gehemmt
- Es entstehen keinerlei Kosten
- Ein positives Urteil erleichtert die anschließende Durchsetzung der individuellen Ansprüche
Nachteile
- Ansprüche können verfahren werden
- Mitgehangen, mitgefangen. Keine individuelle Vergleichslösung möglich
- Rückzahlung dürfte klar niedriger sein, als bei einer Einzelklage möglich